Das Dirndl und die Lederhose hat schließlich auch kein Preuße erfunden. Warum um alles in der Welt kam ausgerechnet ein bayerischer Unteroffizier auf die Idee, das erste deutsche U-Boot zu bauen?
Es muss wohl daran gelegen haben, dass die schleswig-holsteinischen Seefahrer einfach zu betriebsblind waren, und erst ein Mann aus den Bergen anreisen musste, um auf das Naheliegende zu kommen, nämlich darauf, nicht nur von den Vögeln, sondern auch von den Fischen zu lernen.
Während Leonardo da Vinci schon um das Jahr 1500 seine ersten Versuche mit von Muskelkraft bewegten Flügeln unternahm, vergingen dreihundertfünfzig Jahre, ehe nach der Flugmaschine auch der handgetriebene Tauchapparat entdeckt wurde. Von Sebastian Wilhelm Valentin Bauer, geboren Anno 1822 zu Dillingen an der Donau. Er war gelernter Drechsler, dabei Spezialist für Elfenbein, und da er in diesem Arbeitsfeld scheiterte, stieg er bis zum Korporal im bayerischen Heer auf. Dort wäre er gewiss als Nobody vergessen worden, wenn ihn nicht der Zufall, genauer gesagt der Aufstand der Schleswig-Holsteiner gegen die dänische Oberherrschaft, als kämpfendes Mitglied im deutschen Bundesheer nach Schleswig verschlagen hätte. Dort sah Artillerist Bauer offenbar zum ersten Mal das Meer.
Es wurde vom Feind beherrscht, worauf der Mann aus den bayerischen Bergen auf die nun wirklich naheliegende Idee kam, den Gegner dadurch das Fürchten zu lehren, dass man seinen Schiffen Bomben unter den Kiel band. Mit dieser Idee war das U-Boot so gut wie erfunden, es musste nur noch gebaut werden.
Doch dieses Kunststück gelang dem begabten Tüftler erstaunlich schnell, vielleicht auch nur deshalb, weil die norddeutschen Marineleute den Bayern gar nicht verstanden, nur etwas von einer Wunderwaffe hörten, und die war ihnen dreißig Taler wert.
Dieser Betrag reichte zwar nur für das Modell, das Bauer später im Zorn auch noch plattschlug, weil es vom Ministerium eingezogen werden sollte, aber der Durchbruch war dennoch gelungen.
Da die Militärs für neues Kriegsspielzeug schon immer die benötigten Gelder locker gemacht haben, klappte es auch diesmal. Auf sehr merkwürdigem Wege, nämlich durch eine Sammlung bei der schleswig-holsteinischen Armee. Spenden von privater Seite kamen hinzu, und der Auftrag wurde vergeben. Der Rohbau ging an die Rendsburger Carlshütte, die sich später auf den Guss von Badewannen spezialisierte, woran man erkennen kann, dass bereits sehr früh militärische Forschung höchst zivilen Bereichen zugutegekommen ist.
Der weitere Verlauf der Aktion kann kurz und schadenfroh unter dem Motto „Ein Bayer geht baden“ abgehandelt werden: Als der „Brandtaucher“ (so wurde das U-Boot genannt, weil es Schiffe durch Unterwasserbrandsätze versenken sollte) am 1. Februar 1851 im Kieler Hafen zum ersten Tauchversuch aufbrach, verlief die Jungfernfahrt zunächst planmäßig: Das acht Meter lange und zwei Meter breite Tauchschiff verschwand in den Fluten, tauchte dann aber nicht wieder auf.
Nachdem die alarmierten Rettungsmannschaften an der Oberfläche gut sechs Stunden versucht hatten, den in 17 Meter Tiefe liegenden Stahlapparat zu heben, wurde die Bergung aufgegeben. Ein gewisser Professor Johannes Christiansen stimmte das Totengebet an, und just in diesem Augenblick schossen der Korporal aus Bayern und seine beiden Besatzungsmitglieder zum allgemeinen Schrecken prustend und fast erfroren doch noch aus der Tiefe empor.
Die Hebung des „Brandtauchers“ gelang erst sechsunddreißig Jahre später. Wilhelm Bauer hat es nicht mehr erlebt. Hätte er für jede Million, die Kieler Werften seither in den U-Boot-Bau investiert haben, auch nur eine Mark bekommen, aus dem armen bayerischen Korporal wäre ein reicher Mann geworden.
Text aus:
Erich Maletzke, „Die Schleswig-Holsteiner. Unterhaltsam von A –Z.“ (Wachholtz Verlag, Neumünster 1993), S. 167-168.
(Rechtschreibung modernisiert.)